Zimmergeschichten Ludwig II

Zimmer 16 – Ludwig II

Geboren 25. August 1845
Gestorben 13. Juni 1886

Schon als Kind wollte Ludwig lieber alleine sein. Ständig betüttelt und gelehrt werden, Unterricht zu genießen, der nur den Hochmut förderte, das alles war ihm zuwider.

Und so kam es, dass er sich mit einem Stallknecht anfreundete. Dieser ermöglichte Ludwig schon im Alter von 12 Jahren, an den Ammersee zu entfliehen. Pragmatisch tauschten die beiden die Klamotten und Ludwig fuhr als Kutschbegleiter mit. Ziel war die Post in Herrsching, dort durfte sich jeder Knecht auf a saubere Bratwurst und a frisch gebackenes Brot freuen. Es ist daher kaum verwunderlich, dass das Lieblingsessen des Monarchen später eine einfache Bratwurstsemmel war.

Nachdem die Verlobung mit Sophie von Bayern am 7. Oktober 1867 von Ludwig gelöst wurde, war der gesamte Hochadel konsterniert. Sogar Elisabeth von Österreich schrieb ihrer Mutter einen Brief nach Possenhofen: “Wie sehr ich über den König empört bin und der Kaiser auch, kannst du dir vorstellen. Es gibt keinen Ausdruck für ein solches Benehmen…” Dies traf Ludwig tief ins Herz, da er sowohl Elisabeth als auch Franz sehr schätzte, aber gegen seine grundsätzliche Neigung nicht ankam.

In seiner tiefen Depression und um dem Alltag zu entkommen, erinnerte er sich an die Freundschaft zu seinem ehemaligen Stallknecht, den er sofort zu sich rufen ließ. Ab diesem Zeitpunkt (Dezember 1847) waren anonyme Ausflüge an den Ammersee eine willkommene Abwechslung in seinem königlichen Dasein.

Diese Ammersee-Ausflüge erlangten ihren Höhepunkt mit der freundschaftlichen und fördernden Beziehung Ludwig II zu dem Komponisten Richard Wagner.

Als Ludwig II ihm seine Liebe zum Ammersee gestand, lachte Richard Wagner und meinte, dass dieser Bauernsee eines Königs unwürdig sei. Ludwig wollte Richard Wagner eines Besseren belehren und lud ihn zu einem Ammersee-Abenteuer ein. Richard, der wusste, was für eine beeinflussende Wirkung er auf Ludwig hatte, ließ sich auf diesen Ausflug ein, als er ihm das Versprechen abnahm, mit der königlichen Hoheit schwimmen zu gehen.

Am Ammersee, inkognito angekommen und im Wasser watend, kam ein Boot auf die Beiden zu, das von herrschaftlichen und wunderschönen Schwänen begleitet war.

Hungrig in Herrsching bei der Post mit der anonymen Postkutsche angekommen, wollte Ludwig von seinem Versprechen, mit Wagner schwimmen zu gehen, nichts mehr wissen und zog diesen in die gemütliche Wirtschaft. Genussvoll bestellte er für beide Bratwurst und zwei kühle, süffige Bier.

Nachdem die beiden sich an den Stammtisch gesetzt hatten, ließen die Stammtischbrüder nicht lange auf sich warten und bestanden darauf, dass sie mit dem wohl nicht ganz armen Kutscher um die Zeche Watten. (Watten ist in Bayern ein begehrtes Kartenspiel, in dem es hauptsächlich ums bscheißen geht.)

Ludwig sprach mit dem Wirt und reservierte vorsorglich zwei Zimmer für sich und seine Begleitung.

Die unwiderstehliche Bratwurst, die serviert wurde, und die ein oder andere Halbe inklusive der Schnäpse, die man bei so einem Kartenspiel ständig zu trinken pflegte, ließen Ludwig vergessen, dass er auf einem Strohbett schlafen musste.

Die kurze Nacht auf Zimmer 16 und Richard Wagner schnarchend im Nebenzimmer wissend ließ ihn zu Papier und Feder greifen und sein Testament ändern.